Rettungsflotte statt Kriegsschiffe!

Etablierung und Einsatz einer Bundes-Rettungsflotte [Kurzfassung]
Dr. Andreas M. Stolpe; mare.consulting

Aktuell nehmen die Zahlen der Migranten nach Deutschland ab. Das klingt im ersten Moment auch sehr beruhigend. In gleichem Maße aber nehmen die Überquerungen des Mittelmeeres über die Italienroute 2016 zu. Diese sehr viel gefährlichere Route führt von der lybischen Küste über 800 km offene See nach Italien. In den ersten sechs Monaten 2016 sind auf dem Weg über das Mittelmeer nach Europa über 2.900 Geflüchtete ertrunken – 37 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dieser Strom von Flüchtlingen wird in den nächsten Jahren kaum versiegen.
Damit die Migranten nicht im Mittelmeer ertrinken führen private und hoheitliche Rettungsflotten Seenotrettung im Mittelmeer durch.
Die Kosten der Rettungseinsätze der deutschen Bundesmarine im Rahmen der „Sophia“-Aktion belaufen sich auf 135 Mio. EUR für das laufende Jahr 2016. Dennoch sind diese Einsätze unabding-bar und müssen weiter fortgesetzt werden.
Hier ist aber ein Umdenken notwendig. Nicht die Aufgabe der Seenotrettung an sich muss geän-dert werden, sondern die Art der Durchführung. Die für den Einsatz geplanten 43 Mio. Euro können effektiver eingesetzt werden. Die Charter von „Standby Safety Vessels“ und der Betrieb eines pro-fessionellen Rettungswesens mit derselben Effektivität verursacht stattdessen nur ein Zehntel der Kosten.

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Dieses professionelle Rettungswesen muss aufgebaut werden. Dazu müssen einige Grundvoraus-setzungen geschaffen werden:
• Diese professionelle Rettungsflotte muss ein offizielles Mandat durch die Bundesregierung erhalten.
• Die Aufgabe der Rettungsflotte muss exakt als Rettungsdienst definiert sein.
• Die Schiffe werden gechartert. Dadurch kann kostengünstig und flexibel agiert werden.
• Diese Rettungsflotte muss dadurch als Behörden-Schiffe deklariert werden.
• Diese Schiffe müssen technisch den internationalen Vorschriften (SOLAS, MARPOL, MSC, IMO) der internationalen Seeschiffahrts-Richtlinien entsprechen. Daraus leitet sich ab, dass die Schiffsführung aus Seeleuten mit entsprechenden Hochseepatenten etc. besteht.
• Diese Schiffe müssen den Bedingungen auf See gerecht werden können. Entsprechend klassifizierte Schiffe für die Navigationsbereiche A1, A2, A3 können diese Aufgabe ausfüh-ren.
• Die Durchführung der eigentlichen Rettungsaktion kann durch ehrenamtliche Helfer ausge-führt werden. Dennoch muss die Leitung der Einsätze durch professionelle Fachleute koor-diniert werde. Eine Zusammenarbeit mit anerkannten Hilfsorganisationen, wie zum Beispiel Ärzte ohne Grenzen soll ermöglicht werden.
• Die Seenotrettung muss nach professionellen Standards durchgeführt werden. Die Retter dürfen dabei selber keinen Gefahren ausgesetzt werden.
• Da diese Mandatsschiffe keine hoheitlichen Aufgaben ausführen dürfen, werden nur hu-manitäre Hilfeleistungen durchgeführt. Die Registrierung der Schiffbrüchigen erfolgt am Bestimmungshafen, in diesem Fall in Italien.
• Diese speziellen Schiffe werden von Deutschland aus verwaltet. Die Einsatzkoordination an Bord der Schiffe wird durch die Schiffsführung unter Hilfe der Seenot-Rettungszentrale in Rom durchgeführt.
• Die Schiffsführung meldet Status-Reports in definierten Abständen an die Zentrale in Deutschland. Diese wiederum fasst die Meldungen zusammen und informiert einen zu-ständigen Staatssekretär.

Durch diese Flotte aus ca. 10 bundesbehördlichen Schiffen können ca. 30 Mio. EUR pro Jahr einge-spart werden. Die Bundesrepublik Deutschland wäre nicht mehr mit Kriegsschiffen im Mittelmeer vertreten. Durch den quasi-privaten Einsatz der Schiffe kommt die Regierung aus der Schusslinie von Gegnern der Flüchtlingsbewegung. Die Wirkungskraft der Flotte ist effektiver, weil mehr Schif-fe auf See im Einsatz sind. Der Umfang der Rettungsflotte kann schnell den aktuellen Bedingungen angepasst werden, und gegebenen Falls beendet werden.
Dieses Konzept kann effektiv zu Beginn 2017 umgesetzt werden. Die notwendige Infrastruktur ist schon jetzt zu einem großen Teil Vorhanden. Die Schiffe und die professionelle Besatzung können bis Ende dieses Jahres vertraglich für das kommende Jahr gechartert werden. Die assoziierten Non-Profit-Organisationen werden ihre Helfer zur Verfügung stellen. Ehrenamtliche Unterstützer kön-nen für 2017 geworben werden. Eine Verwaltungszentrale kann kurzfristig mit wenigen Mitarbei-tern aufgebaut werden.

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